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Erzgebirgische Glasmacher an der Glashütte Körbin

Ein Beitrag von Stephan Böhme.

1692 wurde in Körbin mit Unterstützung der sächsischen Kurfürsten eine Glashütte gegründet. Die Glasmacher kamen aus dem Erzgebirge. Die Glashütte bestand nicht lange, wird aber in einer 1717 erschienenen Beschreibung des Kurfürstentums Sachsen erwähnt.

Die Glashütte Körbin (heute zu Bad Schmiedeberg) „zu Pretzsch bey Wittenberg“ wird im Jahr 1717 erschienenen Buch „Die Unerkannten Wohlthaten Gottes, in dem Chur-Fürstenthum Sachse“1  des Pastors Christian Gerber, als eine von drei im Kurfürstentum Sachsen betriebenen Glashütten erwähnt.

Das damalige Kurfürstentum Sachsen umfasste neben dem heutigen Bundesland Sachsen Teile der angrenzenden Bundesländer Thüringen, Sachsen-Anhalt und Brandenburg. Wenn auch Gerbers Aussage zu den Glashütten in ihrer Absolutheit etwas in Frage zu stellen ist, bleibt festzuhalten: Die hohe Zeit der erzgebirgischen Glashütten, die eine herausragende Bedeutung für die Erschließung und Entwicklung des Erzgebirges besaßen, ist vorüber. Gerber nennt die Glashütte Heidelbach bei Seiffen „im Gebirge bey Purschenstein“ als einzige der ehemals vielen im Erzgebirge betriebenen Glashütten. Auf der anderen Seite förderten die Kurfürsten im Sinne der merkantilistischen Wirtschaftspolitik die Gründung und den Betrieb von Manufakturen, so auch von Glashütten in der Vorstadt zu Dresden gegen Neu-Ostra (heute Ostra-Allee hinter dem Zwinger) und in Körbin.

Die Quellenlage zum Betrieb der Glashütte Körbin erscheint widersprüchlich. Sie soll 1692 errichtet worden sein. Entsprechend der Erwähnung in der Verpflichtung der Glasmacher Gebrüder Fremel „als Inspektoren der Dresdener und der zugleich neuerrichteten Hütte zu Glücksburg (heute zu Jessen) anstelle des eingegangenen Unternehmens in Pretzsch“2 hatte sie bereits 1700 ihre Arbeit wieder eingestellt. Auf der anderen Seite gibt es Nachrichten, die darauf schließen lassen, dass sie noch ungefähr zehn Jahre weiter betrieben wurde. Insoweit muss offenbleiben, ob Pastor Christian Gerber als Autor des eingangs erwähnten Buches nicht über aktuelle Informationen verfügte oder ob er Körbin und Glücksburg mangels genauerer Ortskenntnisse gleichgesetzt hatte.

Für den Betrieb einer Glashütte waren neben den materiellen Voraussetzungen, wie Glasrohstoffe, Wasserkraft und Holz als Brennmaterial, auch Fachkräfte erforderlich. Die Arbeit als Glasmacher erforderte ein hohes Maß an Wissen und Können. Die früheren Glashütten waren in der Regel Familienbetriebe, in denen das Wissen um die Glasherstellung über Jahrzehnte von Generation zu Generation weitergegeben wurde.

Eine dieser traditionellen Glasmacherfamilien war Familie Marckert. Glasmacher aus dieser Familie sind im gesamten 17. Jahrhundert an verschiedenen Glashütten im Westerzgebirge nachweisbar. So kaufte Michael Marckert 1638 die Weitersglashütte bei Eibenstock im Westerzgebirge.3 Ab 1689 sind im Kirchenbuch der Kirchgemeinde Neuhausen4 im Osterzgebirge, zu der die Glashütte Heidelbach bei Purschenstein gehörte, Einträge zu Angehörigen dieser Familie zu finden. Der Umzug aus dem Westerzgebirge an die Glashütte Heidelbach ist als Folge des Niedergangs der erzgebirgischen Glashütten zu sehen.

Auch der Glas- und Scheibenmacher Christoph Marckert (1656 bis 1731) ist aus Johanngeorgenstadt mit zur Glashütte Heidelbach gezogen. 1689 bis 1691 stehen Tauf- und Begräbniseinträge seiner Kinder im Kirchenbuch Neuhausen. Er ließ sich für die Glashütte Körbin anwerben. Im Juni 1694 sterben in Körbin seine Ehefrau und ein Sohn, er wird als Glasmeister bezeichnet. Traditionellerweise ist der Begriff Glasmeister dem Besitzer der Glashütte vorbehalten. Hier ist er sicher im Sinne von Vorarbeiter zu verstehen. Beim Begräbnis seiner Ehefrau am 6. Juli 1694 steht im Kirchenbuch Pretzsch „ohne Abdankung beerdigt worden wegen armuthshalber“.5 Diese Beschreibung der wirtschaftlichen Situation der Familie Marckert in Körbin passt eigentlich nicht zur herausgehobenen Funktion als Glasmeister.


Nachweise

  1. Gerber, Christian (1717): Die Unerkannten Wohlthaten Gottes, in dem Chur-Fürstenthum Sachsen,. Und desselben vornehmsten Städten, darinnen zugleich der Schul- und Kirchenstaat enthalten. Dresden und Leipzig: Verleger Joh. Jacob Wincklers sel. Wittib (Digitalisat: Münchner DigitalisierungsZentrum). ↩︎
  2. Haase, Gisela (1998): Sächsisches Glas. München: Klinkhardt & Biermann. ↩︎
  3. vgl. Mauerhoff, Dietrich: Die Weitersglashütte im Erzgebirge. In: Pressglas-Korrespondenz 2012-1. ↩︎
  4. Kirchenbücher der Evangelisch-Lutherischen Kirchgemeinde Neuhausen. ↩︎
  5. Kirchenbücher der Evangelischen Kirchengemeinde St. Nikolaus Pretzsch. ↩︎