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Malzfabrik Köthen

Ein Beitrag von Matthias Freundel.

Gegründet im Jahre 1863 durch Albert Wrede, entwickelte sich die Mälzerei in der Kaiserzeit zu einer der größten ihrer Art in Deutschland. Im Betrieb bis 1990, heute abrissreif.

Im Jahre 1863 entwickelten der „Dampf-Oel- und Graupen-Fabrikant“ Albert Wrede (1837 – 1911) aus Wolfenbüttel und sein Partner, der Malzfabrikant Friedrich W. Otto aus Peine, das Projekt einer Malzfabrik in Köthen. Im Jahre 1865 nahm die Fabrik ihren Betrieb auf. Grundlage ihres geschäftlichen Erfolgs war die Lage in einer der besten Gerstengegenden Deutschlands, deren Qualitätsgersten unter den Namen „Saalegersten“ vermarktet wurden. Die Geschäftspartnerschaft hielt nur bis 1871, danach war Wrede bis 1889 Alleininhaber der aufstrebenden Mälzerei. In diesem Jahr wandelte er das Unternehmen in eine Aktiengesellschaft unter dem Namen Mälzerei AG, vorm. Albert Wrede um und genoss das daraus stammende Vermögen u.a. in Baden-Baden und Wiesbaden.

Die profitable Mälzerei entwickelte sich unter den wachsamen Augen ihrer Aktionäre zu einer der größten in Deutschland: in den 1890er Jahren wurde der Gebäudekomplex stetig erweitert, um 1900 wurden jährlich rund 180.000 Zentner Malz produziert. Lediglich die beide Weltkriege bremsten diese Entwicklung. In Kriegszeiten wurde die Gerste zum Verarbeiten knapp, benötigte man das Getreide doch dringender zum Brotbacken.

Zwischen den Kriegen, in der Weimarer Republik und den ersten Jahren der nationalsozialistischen Herrschaft, konsolidierte sich die Mälzerei wieder. Sie erwarb Mälzereien in Giersleben, Wegeleben und die Malzfabrik Rheinpfalz in Pfungstadt.

Abb.: Eingang (2) (Foto: Matthias Freundel)

Die Bombenangriffe des Jahres 1944 überstand die Mälzerei unbeschadet. Nach Kriegsende wurde sie mit Verfügung vom 30.07.1948 enteignet. Mit Entstehung zentraler Wirtschaftsstrukturen in der neugegründeten DDR wurde sie Bestandteil der Verwaltung Volkseigener Betriebe (VVB) der Brau- und Malzindustrie. Zunächst unter dem Namen VEB Malzfabrik Köthen eigenständig, erfolgte zum 1. Januar 1959 der Zusammenschluss mit dem VEB Brauerei Köthen zum VEB Brauerei und Malzfabrik Köthen. In der DDR kam etwa jede vierte Tonne Braumalz des jährlichen Bedarfs der Brauereien aus Köthen; beliefert wurde u.a. die legendäre Wernesgrüner Brauerei. Im Rahmen der Kombinatsbildung 1972 wurden Brauerei und Mälzerei Köthen dem VEB Getränkekombinat Dessau zugeordnet.

Nach der Wende wurden aufgrund der veralteten und damit unter den neuen Bedingungen unrentablen Technologie der Betrieb der Köthener Mälzerei zum 31.12.1990 – nach rund 135 Jahren Produktion – eingestellt. Pläne für einen Um- und Ausbau zum Einkaufs- und Erlebniszentrum bzw. zum Sitz der Landkreisverwaltung Köthen scheiterten.

Verfall, Vandalismus und immer wieder Brandstiftungen haben die immer noch stattlichen Gebäude ruiniert. Bemerkenswerterweise hatten dennoch wichtige Bestände des historischen Firmenarchivs in einem Kellerraum überlebt und konnten vor wenigen Jahren von Mitarbeitern der Stadtverwaltung Köthen für das Stadtarchiv geborgen werden.

Abb.: Fabrikdarstellung um 1900 (Foto: Privatbesitz Matthias Freundel)