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Burg Saaleck

Die Burg Saaleck, liegt auf einem schmalen Bergrücken oberhalb des Dorfes Saaleck – ein Idyll für Wanderer und Schaulustige. Doch im Juli 1922 wurde das Idyll zur Bühne eines historischen Dramas.

Die Burg Saaleck, liegt auf einem schmalen Bergrücken oberhalb des Dorfes Saaleck – ein Idyll für Wanderer und Schaulustige. Doch im Juli 1922 wurde das Idyll zur Bühne eines historischen Dramas. Am 31. Januar 1922 trat Dr. Walther Rathenau (1867-1922) das Amt des deutschen Außenministers an. In der Folge begann gegen ihn eine wütende Hetzkampagne. Am Samstag, dem 24. Juni 1922, ließ sich Walther Rathenau von seiner Villa im Grunewald in Berlin mit einem oben offenen Cabriolet in das Auswärtige Amt nach Berlin fahren.

Kurz nach Fahrtantritt wurde er durch Schüsse aus einer Maschinenpistole getötet. Sofort wurde vom Berliner Polizeipräsidenten eine „Mordkommission Rathenau“ eingesetzt, die die Ermittlungen aufnahm. Am 26. Juni wurde der Student Willi Günther verhaftet, der an der Vorbereitung der Tat beteiligt gewesen war. Die Aussagen von Günther ergaben, dass das Fahrzeug von Ernst Werner Techow (1901-1945) gesteuert wurde und im Fond des Tatfahrzeuges Erwin Kern (1898-1922) und Hermann Fischer (1896-1922) die Tat ausführten. Nach Ermittlungen der Polizei konnte die Flucht der Attentäter von Berlin über Lenzen, Gardow, Arendsee, Gardelegen, Sandersleben und Halle nachgezeichnet werden. Letztlich flohen Fischer und Kern nach Saaleck, da Kern den Burgpächter, Dr. Hans Wilhelm Stein (1875-1944), gut kannte. Am 13. Juli trafen Kern und Fischer auf Burg Saaleck ein. Stein gewährt den Attentätern Zutritt und reiste am darauffolgenden Tag mit seiner Frau nach München, um die weitere Flucht mit dem Korvetten-Kapitän Hermann Ehrhardt (1881-1971), dem Chef der „Organisation Consul“ zu besprechen.

Schließlich meldeten sich am 16. Juli zwei junge Kaufleute aus Hamburg bei der Kriminalpolizei in Halle/Saale und gaben an, die beiden Attentäter auf der Burg Saaleck gesehen zu haben. Am 17. Juli stiegen zwei Beamte zur Burg auf und beobachteten zwei Männer oben auf der Spitze des Ostturmes. Nach wiederholter Aufforderung herunterzukommen, gab der Polizeiwachtmeister Zabel mit einem Karabiner Schüsse auf das Schlafzimmerfenster des Turmes ab. Nach den Schüssen erhielten die Beamten keine Antwort, worauf sie die Treppen im Turm hinaufstiegen. Im dritten Stockwerk fanden sie im Schlafzimmer zwei Leichen vor. Die Personen wurden als die Mörder Rathenaus identifiziert. Kern war mit einem Karabinerschuss getötet worden und Fischer hatte sich selbst erschossen. Am 21. Juli 1922 nachmittags sind Fischer und Kern dann an der Mauer des Friedhofes in Saaleck in einem gemeinsamen Grab beigesetzt worden.

Die Abbildung zeigt Walther Rathenau im offenen Cabriolet, in dem er ermordet wurde (Harry Graf Kessler: Walther Rathenau – Sein Leben und sein Werk, Verlagsgesellschaft Hermann Klemm, 1928, U 2).

Vom 3. bis zum 14. Oktober 1922 wurde vor dem Staatsgerichtshof in Leipzig gegen 13 Personen verhandelt. Die Anklageschrift klammerte dabei den gesamten Komplex der rechtsextremen „Organisation Consul“ aus. Das Verfahren endete mit drastischen Strafen. Der Pächter der Burg Saaleck, Dr. Stein, wurde vom Verdacht der Begünstigung der Mörder Rathenaus freigesprochen. In den Folgejahren kam es immer wieder zu Ehrungen am Grab von Fischer und Kern. Die Nationalsozialisten instrumentalisierten die Attentäter als Vorkämpfer des Dritten Reiches. Am 17. Juli 1933 weihten der Reichsführer SS Heinrich Himmler (1900-1945) und der SA-Chef Ernst Röhm (1887-1934) in Anwesenheit von Hermann Ehrhardt am Ostturm der Burg Saaleck, eine Gedenktafel ein. Im Herbst 1933 wurden die Überreste von Fischer und Kern auf dem Friedhof Saaleck mit Glockengeläut und einem Feldgottesdienst umgebettet. Anwesend war auch Adolf Hitler, der einem monumentalen Gedenkstein stiftete.

In der NS-Zeit waren der Friedhof von Saaleck und die Burg Saaleck wiederholt Schauplatz nationalistischer Feierlichkeiten. Im Widerspruch zu den Polizeiakten zu den Ermittlungen und dem Ende der Rathenau-Mörder Fischer und Kern, wurden die Ereignisse nach 1933, nicht den historischen Tatsachen entsprechend, glorifizierend in der NS-Presse dargestellt.

Nach Kriegsende 1945 wurden die Gedenktafel entfernt. Auch die Inschrift am Grabstein auf dem Saalecker Friedhof wurden entfernt und das Grab geriet in Vergessenheit. Nach der politischen Wende 1990 in der DDR erlangte die Grabstelle wieder eine unrühmliche Beachtung. Das Grab wurde zum Wallfahrtsort für alte und neue Nazis. Um dem ein Ende zu bereiten, wurde der Grabstein im Jahr 2000 entfernt und zertrümmert.

Nachweise

  • Gerstmayer, Hermann: Die Fahne hoch! Nr. 14, Das Drama von Burg Saaleck.
  • Matter, Günter: Das Versteck der Mörder, Burgenland-Journal., 30/31.7.2022, S. 3+6.